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/ Juli 2023

Wird die Anschlussfinanzierung jetzt zum Albtraum?

Die Zinsen haben sich verfünffacht – der Kreditdienst zehrt fast alle Einnahmen auf

Der 45-jährige selbständige Ingenieur hatte bei seiner Entscheidung für ein Mietshaus alles richtig gemacht. Glaubte er. Ein 1.000-Quadratmeter-Objekt in Berlin mit 14 Wohnungen. 2014 zahlte er dafür drei Millionen Euro. Zuvor hatte er durch kluge Investmententscheidungen eine hohe sechsstellige Summe ansparen können. Zusammen mit einer Erbschaft brachte er so ein Eigenkapital von einer Million Euro auf.

Über eine Darlehenssumme von 2 Millionen Euro nahm er einen Kredit auf – ein Annuitätendarlehen mit einer konstanten Rückzahlungsrate, die aus einem Zins- und einem Tilgungsanteil besteht (Annuität = Zinsrate + Tilgungsrate). Laufzeit 10 Jahre, für aus heutiger Sicht unglaublich erscheinenden 2 % Zinsen (die ganz niedrigen Zinsen kamen erst später). Er wählte eine Anfangstilgung von 2 % p.a. und lehnte sich – was die Finanzierung und Rückzahlung anbelangte – einigermaßen beruhigt zurück.
2024 dann würde er für die Restschuld von 1.557.601 Millionen Euro sogar eine Anschlussfinanzierung zu 0,8 % auf den Weg bringen, so dachte er sich im Jahr 2020. Risiken gab es kaum. Zwischenzeitlich verabschiedete der rot-grün-rote Berliner Senat zwar einen verfassungswidrigen Mietendeckel. Der allerdings wurde von Karlsruhe einkassiert, so dass er die im Mietvertrag vereinbarten Mietzahlungen von im Durchschnitt 8 Euro pro Quadratmeter am Ende doch erhielt. Zum Milieuschutzgebiet, das Vermietern Fesseln anlegt, wurde der Kiez, in dem sein Haus stand, auch nicht erklärt. Was konnte da schon schiefgehen?

Wie entwickeln sich die Konditionen für Anschlussfinanzierungen?

Bis heute konnte er seine Mieteinnahmen auf 10 Euro pro Quadratmeter über alle Wohnungen hinweg erhöhen, insgesamt also 10.000 Euro. Aus den Kreditkonditionen ergab sich eine monatlich feste Kreditrate von 6.667 Euro, was am Ende der Laufzeit im Dezember 2023 eine Zinszahlung von 2.603 Euro, und eine Tilgung von 4.064 Euro bedeuten würde.

Doch ab 2022 lief alles aus dem Ruder. Russland überfiel die Ukraine. Die Wirtschaft weltweit, besonders aber in Europa und Deutschland, stürzte dies in Turbulenzen. Die Inflation erreicht unbekannte Höhen von 10 %. In der Folge stiegen die Zinsen für Kredite drastisch und vervierfachten sich binnen sechs Monaten. Was aber viele nicht wissen: Nicht allein wegen des Kriegs und seinen finanziellen Auswirkungen mussten die Bauzinsen angehoben werden, sondern auch weil die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Kreditvorschriften verschärft hatte.
Beides zusammen bedeutet, dass sich unser Hausbesitzer nun einer Anschlussfinanzierung mit deutlich unbequemeren Konditionen gegenübersieht. Jetzt, im Sommer 2023 liegen die Zinsen bei 4,2 % statt bei 2 % oder gar 0,8 %, wie er im Jahr 2020 schon frohlockte. Wenn er die 4,2 % erhält, hat er sogar noch Glück. Je nach Rahmenbedingungen, Objekt und Laufzeit können es bis zu 4,8 % sein. Für jene, deren Kredit später ausläuft, stehen die Zinsraten völlig in den Sternen. Sofern sie momentan überhaupt einen neuen Kredit oder eine Anschlussfinanzierung bekommen. Denn bei so manchem hat sich auch die persönliche (Einnahme-)Situation geändert. Banken stellen aktuell alles neu auf den Prüfstand mit deutlichen verschärften Vergabebedingungen. Ein Dauerabo für einen bereits laufenden Kredit gibt es nicht.

Keine Anschlussfinanzierung: droht jetzt der Verkauf?


Immerhin sind seit 2014 die Preise für Mietshäuser und Eigentumswohnungen gestiegen. Der Quadratmeterpreis liegt in seinem Fall inzwischen bei knapp 5000 Euro. Allerdings preist jeder etwaige Käufer all die Kostenfaktoren mit ein, die in roten Farben auf der Excel-Tabelle des Ingenieurs aufleuchten – genauso gut aber ist das Potenzial für Mieterhöhungen. Er legt nochmal Hand an und spitzt diesmal seinen Bleistift. Für ihn wird es wahrscheinlich auf einen Verkauf hinauslaufen. 4 Millionen Euro Erlös hält er für realistisch. Abzüglich der 1 Million Eigenkapital und der Restschuld blieben für ihn 1,44 Millionen Euro Gewinn, wenn man annimmt, dass er die Mieteinnahmen vollständig in sein Hausprojekt gesteckt hat. Genug, um davon seine Altersvorsorge zu organisieren. Dann aber leider ohne Immobilien.

Zinsexplosion verändert ursprüngliche kalkulierte Anschlussfinanzierung grundlegend

Damit ändern sich also die Kreditraten in unserem Beispiel deutlich. 1.557.601 Millionen Euro Restschuld bedeuten bei 4,2 % Zinsen und 2 % Tilgung p.a. ab Januar 2024 eine monatliche Kreditrate von 8.172 Euro, eine Erhöhung um fast 23 %. Die Zinszahlungen liegen damit im Januar 2024 bei 5.451 Euro – mehr als das doppelte als im Monat zuvor.

Besonders krass fällt allerdings der Vergleich aus, wenn der Ingenieur einen Kredit über 0,8 % erhalten hätte: Er würde im Januar 2024 gerade einmal Zinsen von 1.038 Euro (ein Fünftel) und insgesamt eine Rate von 4.667 Euro zahlen. Die Restschuld nach 10 Jahren Laufzeit im Jahr 2033 betrüge dann 1.104.476 Millionen Euro statt 1.152.821. Doch das ist vergossene Milch, über die er nicht mehr klagen kann.
Der Ingenieur kann von Haus aus gut rechnen und kommt ins Grübeln. All das überfordert ihn. 82 % seiner Mieteinnahmen – die ohnehin nicht mit „Gewinn“ zu verwechseln sind – gehen für den Kreditdienst drauf. Ihm bleiben gerade einmal 1.828 Euro, um die restlichen Kosten zu decken. Und genau auf diesem Gebiet kommt nun Gewaltiges auf ihn zu: Das geplante Heizungsgesetz wird für sechsstellige Investitionen sorgen, sollte ab 2024 seine Gasheizung kaputt gehen.
Und die Brüsseler Sanierungsgesetze, die die Energieeffizienz der Häuser erhöhen soll, schlagen mit mindestens ähnlichen hohen Summen ins Kontor. Geld, das er – vor allem durch die neue Kreditlandschaft – nun nicht mehr hat und sich ansparen kann. Einen Kostenfaktor allein könnte er noch als übliche unternehmerische Herausforderungen ansehen, für die er zumindest eine manierliche Verzinsung erhält. Doch alles auf einmal verändert seine ursprüngliche Kalkulation grundlegend.