Stories:

/ Oktober 2023

KI im Realitätscheck

Wie setzt die MÄHREN AG KI bereits heute ein?

Seit Anfang 2023 erlebt die Welt einen Hype: Künstliche Intelligenz (KI) verändert uns, unser Leben und unsere Arbeit. KI rechnet, kreiert Bilder, programmiert Computercodes, wertet Daten aus und schreibt Texte. Ausgefeiltere Algorithmen, höhere Rechenkapazitäten und vor allem bessere Computer-Chips haben erst jetzt die Basis dafür gelegt, riesige Datenmengen zu verarbeiten und die schöpferischen KI-Inhalte in Sekundenschnelle auszuliefern.

Doch was bringt die KI im alltäglichen Arbeitsalltag eines mittelständischen Unternehmens aktuell wirklich? Wo ist sie hilfreich, wo eventuell unbrauchbar? Ein Realitätscheck.

Der KI Hype: Die Wirtschaftswelt ist begeistert

Die Software hinter der mit Abstand populärsten generativen KI-Anwendung ChatGPT ist mit unglaublich vielen Daten „gefüttert“ worden, kann mittlerweile das Internet auslesen und die Informationen verwerten. Der letzte Daten-Input wurde jedoch schon 2021 vorgenommen, eine nicht unbedeutende Einschränkung. ChatGPT-Erfinder Sam Altman, angesichts der Euphorie um seine Plattform einer der weltweit wichtigsten Köpfe auf dem Gebiet: „Wir erleben ein exponentielles Wachstum. Dieses Tempo können wir Menschen kaum erfassen.“ Manche KI-Beratungsunternehmen gehen davon aus, dass im Jahr 2030 bereits 99 % aller Inhalte im Internet von KI erstellt werden.

Immerhin sagen 70 % der Dax-Konzerne laut Handelsblatt, dass KI ihr Geschäftsmodell verändert. Man staunt fast, dass dies 30 % (noch) verneinen. Die große Frage dabei für viele: „Wie verändert sich die Jobwelt für mich?“ Aber auch: „Wo kann uns KI unterstützen und die Arbeit massiv erleichtern?“ Was bedeutet dies also aus Sicht eines mittelständisch geprägten (Immobilien-) Unternehmens wie der MÄHREN AG? In diesem Erfahrungsbericht geht es daher um die Möglichkeiten, die sich aus dem Einsatz von KI für ein mittelgroßes Immobilienunternehmen und die entsprechenden Abteilungen ergeben. Welchen Beitrag kann KI für mehr Produktivität, Kreativität und letztlich Mehrwert und Wachstum leisten – und wo noch nicht?

KI im Einsatz bei der MÄHREN AG

Datensicherheit

Die Einhaltung von Compliance und Datensicherheit ist eine unserer grundlegenden Voraussetzungen im Geschäftsalltag. Wir achten genau darauf, welche Informationen wir in unternehmensfremde Anwendungen und Netzwerke eingeben – und verzichten daher schon seit einigen Jahren auf etliche hilfreiche Tools. Dies gilt auch für sämtliche KI-Anwendungen. Viele Konzerne, wie etwa Bosch, haben dieses Problem mit hauseigenen KIs gelöst – eine starke Lösung, um Unternehmen mit dem Handling vertraut zu machen und einen Mehrwert für Mitarbeiter zu finden. Für eine Firma unserer Größenordnung ist dies aber unrealistisch, zumindest derzeit noch. Geht es also um sensible Informationen, fällt an dieser Stelle der große Nutzen von KI aus.

KI im Realitätscheck der Unit Marketing & Communications

Das Marketing & Communications-Team beschäftigt sich seit Monaten intensiv mit KI. Wir setzen uns regelmäßig nur zu diesem Thema zusammen und verteilen KI-Test-Aufträge entlang unserer ToDo‘s: Website, Social Media, Performance Marketing, interne Kommunikation (Intranet), Markenauftritt, Erstellung von Pressemitteilungen, Broschüren, Präsentationen und Exposés, Grafiken, Fotos und Videos. In erster Linie tun wir das, um alles auszuprobieren und um herauszufinden, was die KI-Tools aktuell wirklich bieten.

KI ist ein höchst lebendiges Thema für uns und hoch relevant. Achtung Spoiler!: Allerdings sind die realen Effekte zwar vorhanden, aber bislang sehr überschaubar. Für ein professionell aufgestelltes Kommunikations- und Marketingteam, wie es so tausendfach auch in anderen Unternehmen existiert, sind die Ergebnisse in puncto Kreativität, Qualität oder Arbeitszeitersparnis bislang sehr begrenzt – sofern man für die entsprechenden Aufgaben Fachkräfte hat. Für jemanden, der dagegen über wenig Kommunikations-/ Marketing-Expertise verfügt, weil er oder sie eigentlich einen anderen Beruf ausübt, dürfte KI indes hilfreich sein, wenn etwa Texte, Marketingkonzepte, Postings oder auch Exposés von Häusern erstellt werden müssen.
Es gibt bereits unfassbar viele Tools jenseits von ChatGPT. Wir haben für unseren Bereich bis heute um die 40 ausprobiert: für Bildbearbeitung, Leadgenerierung, Erstellung von Videos, Bildern, Podcasts, Musik, Texten und Präsentationen; für Recherche, digitales Marketing und Social Media. Der größte Anteil davon (etwa 90 %) ist jedoch aktuell unbrauchbar – zumindest für unsere Zwecke. Allerdings kann und wird sich dies zukünftig ändern. Jeden Tag kommen neue Tools auf den Markt oder werden minderwertige Anwendungen durch Updates richtig gut. Man muss also permanent am Ball bleiben und hier wünscht man sich förmlich einen Spezialdienstleister, der einem auf dem neusten Stand dahingehend bringt, welche Tools man für seinen Bereich nutzen kann.

Dass es bei vielen KI-Tools noch nicht so rund läuft, bekommen wir auch als potenzieller Kunde mit: Wir erhalten beispielsweise seit einigen Monaten vermehrt Kaltakquise-E-Mails, die eindeutig einem KI-Projekt entspringen. Statt der „MÄHREN AG“ wird die „Moravia AG“ angeschrieben (englisch für den Landesteil „Mähren“ in Tschechien) und der Akquise-Text ist sehr schablonenhaft und buchstäblich wie von einer Maschine geschrieben. Das ist unpersönlich, fachlich auf unterstem Niveau und landet bei uns sofort im Papierkorb. Solche „Mailings“ sind im Grunde eine Frechheit – und wiegen die Effizienz aufseiten des Absenders überhaupt nicht auf.

Wie sieht es konkret im Bereich Marketing & Communications mit dem KI-Support aus?

Parallel zu den von uns im Team erstellten Social Media-Postings haben wir ChatGPT ins Rennen geschickt. Ergebnis: Nur Bruchteile von den Postings sind brauchbar, der mit Abstand überwiegende Teil ist unbeholfen und offen erkennbar als Maschinentext. Keinen Post-Vorschlag haben wir am Ende genutzt, einige Male haben wir eine bestimmte Formulierung als Anregung übernommen. Selbst bei KI-Tools, die „Branded Content“ anbieten, also Inhalte, die ihren Output nach mehreren entsprechenden Prompts angeblich an die Tonalität des Unternehmens anpassen, waren die Inhalte deutlich schlechter als die eigens verfassten. Ähnlich ging es uns bei Texten für allen anderen Kommunikations-Kanäle.

Obwohl wir uns eingängig mit dem „Prompten“ beschäftigt und uns hier ein erstes Expertenwissen angeeignet haben fielen die textlichen Ergebnisse recht ernüchternd aus. Nur wenig war verwendbar. Warum? Weil unsere sogenannte Corporate Tonality, wie in vielen anderen Unternehmen auch, auf einem „Mensch-zu-Mensch“-Kommunikationsstil basiert. Heißt: Immer den zeitgemäßen Ton treffen, sensibel die Emotionalität des jeweiligen Textes steuern, langjährige berufliche Erfahrungen des Teams nutzen, wie Zielgruppen angesprochen werden müssen, mit intelligentem Wortwitz, Wortspielen und aktuellen Bezügen eine Verbindung zu Lesern aufbauen und am Ende unsere Nutzer neben seriösen B2B-Content auch unterhalten.

Unser Fazit: Dazu ist die KI momentan lange nicht so gut in der Lage wie erfahrene Kommunikationsexperten und Texter.

Thema Bildbearbeitung: Nächster Spoiler!: Diese KI-Tools sind für uns momentan nicht relevant. Denn um unser Geschäftsmodell und Unternehmen darzustellen, haben wir im Wesentlichen drei Fotosegmente: Reale Gebäude aus unserem Bestand, Fotos unseres Teams mit CEO Jakob Mähren an der Spitze, dargestellt in vielen Arbeitssituationen, und Bilder, die unsere allgemeinen Unternehmensinhalte und Themen illustrieren. Also Bildinhalte, die nicht aus Fantasiewelten und / oder beliebigen Beispielfotos hergleitet werden können. Wir haben also nichts von den wirklich großartigen Anwendungen wie etwa Midjourney, die wir allesamt ausprobiert haben.

Für illustrierende Bilder nutzen wir einen Stock-Anbieter, bei dem man in nur wenigen Minuten passende Bilder für drei Euro erhält. Da macht es keinen Sinn, die KI zu bemühen, um in mehreren Prompt-Durchgängen festzustellen, dass man das momentan noch deutlich besser (weil realistischer) und schneller bekommt. Allein der Zeitaufwand für die Prompts und das Verfeinern – umgerechnet in Arbeitskosten – wären unverhältnismäßig hoch.

Und: Die KI-generierten Bilder sahen allesamt noch recht künstlich und unpersönlich aus, was nicht der Bildsprache unseres und das vieler anderer Unternehmen entspricht.

Thema Website-Coding: Wir runderneuern gerade unsere Internetseite. Hier gibt es großartige KI-Effekte. Einige der entsprechenden Codes, die hierfür geschrieben werden müssen, übernimmt zum Teil mittlerweile die KI. Unser IT-Dienstleister greift nach eigener Aussage mittlerweile regelmäßig auf die Unterstützung von KI-Tools zurück und sieht hier einen erheblichen Mehrwert.

Ein weiteres sehr hilfreiches Beispiel: die Erstellung eines Model-Release-Vertrages. ChatGPT konnte mit dem richtigen Prompt in Sekundenschnelle einen rechtssicheren Vertrag aufsetzen, den wir für die Fotos unserer Teammitglieder benötigen, wenn wir deren Konterfei veröffentlichen wollen. Hier zeigt sich auch die Stärke von ChatGPT, sehr sachlich zu sein; etwas, was juristischen Texten innewohnt.

KI im Realitätscheck in den Units Finance, Transaction & Investment und Asset Management

Gerade in den Bereichen, in denen Daten konsolidiert, analysiert und aufbereitet werden müssen, ist die KI besonders stark. Denn das ist von menschlicher Hand nur äußerst zeitaufwändig zu bewältigen und mit Fehlern verbunden. Stattdessen werden mit KI-Hilfe – je nach Anliegen und Aufgabe – große Mengen unstrukturierter und / oder strukturierter Daten aufgearbeitet: PDF-Dokumente, Verträge, Excel-Tabellen, Präsentationen oder Scans von Papierbelegen. Für alle unsere Abteilungen, die mit der Verarbeitung und Analyse von Daten und Zahlen zu tun haben – Finanzierung, Transaktion & Investment, Assetmanagement, Buchhaltung oder Corporate Development – ist das höchst relevant.

Unsere Abteilung Transaction & Investment befasst sich vorrangig mit Transaktionen, also Angebote einholen und bearbeiten, Wertschätzung von Immobilien, Vertragsverhandlungen bei Transaktionen und die Kommunikation mit Maklern und Privatbesitzern. Die KI könnte bei solchen Projekten die richtigen Kaufobjekte wie Mehrfamilienhäuser und Wohnanlagen analysieren und vorauswählen (die finale Entscheidung und das Verhandeln wird freilich auf absehbare Zeit immer ein Mensch übernehmen). Einmal aufgesetzt, würde das eine enorme Präzision und Einsparung an Zeit und Aufwand bedeuten – oder wir könnten als Unternehmen sogar noch mehr Objekte aufs Radar nehmen, die wir untersuchen. Gleichzeitig könnten wir frühere Deals begutachten lassen, auf dass die KI-Muster sieht und Erkenntnisse zieht.

Jedoch: Dazu müssten die Daten in KI-Tools eingespeist und hochgeladen werden. Da dies aber sensible Unternehmens- und Projektdaten sind, ist ein KI-Support an dieser Stelle aus den bereits erwähnten Compliance-Gründen in unserem Unternehmen nicht möglich.

Diese Restriktionen gelten auch für weitere Abteilungen wie dem Asset Management (Verwaltung und Entwicklung unseres Immobilienbestands, Kommunikation mit Hausverwaltungen, Verwaltung aller Datenräume, Wertschätzung von Immobilien) und Finanzierung (Unternehmensfinanzierungen, Projektfinanzierungen). Sie alle müssen daher auf den zeitsparenden KI-Einsatz verzichten.


Lesen Sie im 2. Teil: „Realitätscheck: KI beim Datenmanagement in der Unit Business Development sowie Fazit & Ausblick


Realitätscheck: KI beim Datenmanagement in der Unit Business Development


Geht es allerdings um allgemein zugängliche, öffentliche Daten und müssen diese „nur“ zusammengefasst und aufbereitet werden, greifen wir darauf zurück. Unsere Abteilung Business Development versendet beispielsweise mehrmals pro Woche intern ein sogenanntes Finanzmarktupdate. Das sind ein knappes Dutzend wiederkehrende und jeweils aktualisierte Finanzdaten wie Zinsen, Konjunktur, Inflation, Aktienkurse etc., die für Immobilienunternehmen relevant sind und mit dem wir laufend Up-to-date sind – sehr wichtig gerade in der heutigen Zeit der schnellen Veränderungen. Ein mühsames, zeitraubendes Unterfangen, das nun ChatGPT automatisiert übernimmt. Ist der Prompt erst einmal gut aufgesetzt, lässt er sich für diesen Zweck im laufenden Tagesgeschäft hervorragend nutzen. Ähnliche Zusammenfassungen von Daten aus den unterschiedlichsten Wirtschaftsbereichen, aus Politik und Gesellschaft werden wir zukünftig immer häufiger nutzen, um eine Daten-Grundlage für strategische Entscheidungen zu erhalten.


Unser Zwischenfazit
Wie sieht unsere vorläufige Zwischenbilanz nach einem knappen Jahr KI-Euphorie aus?

Ohne Menschen geht es nicht

Mit Stand heute – dies muss man einschränkend bei allen KI-Einschätzungen betonen – lassen sich die beruflichen Erfahrungen und die Expertise des Teams nicht ersetzen. Der Faktor Mensch ist unabdingbar für die Erfüllung von qualitativ hochwertigen Arbeitsaufgaben. Dies gilt allerdings „nur“ für versierte Mitarbeiter und Profis – bezogen auf die jeweilige Aufgabenstellung. Ein Tischler, der der KI sagt: „Bitte erstelle mir eine E-Mail-Akquise-Kampagne“ (hier verkürzt dargestellt), wird zweifelsohne bessere, deutlich schnellere ja womöglich überhaupt erst Ergebnisse erzielen, als wenn er es selbst macht.

Eine Studie der Humboldt-Universität hat laut Handelsblatt herausgefunden, dass es zwischen KI und Menschen bei Alltags- und Standardangelegenheiten keinen Unterschied mehr in puncto Kreativität gibt. Dennoch, so die Autorin Jennifer Haase: „Die originellsten Antworten kamen in dem Test immer noch von Menschen.“ Ihr Fazit: „Um Exzellenz zu finden, muss man zu Menschen gehen.“ Dies liegt an einem Grundprinzip von KI: Weil sie mit bereits vorhandenen Daten arbeitet, kann sie nur alte Inhalte neu aufsetzen und je nach Wunsch aufbereiten. Was nicht möglich ist, ist der Blick in die Zukunft, da KI auf Daten der Vergangenheit basiert.

Ein weiterer Nachteil gegenüber Menschen – und wie sollte es bei einem IT-Tool, das sich „künstlich“ nennt auch anders sein: KI zeigt keinerlei Emotion oder Empathie. Natürlich kann man mit ChatGPT eine freundliche Konversation führen. Aber höfliche Floskeln bedeuten keine emotionale oder empathische Herangehensweise an die Lösung von Aufgaben. Entscheidungen von Menschen sind hingegen nie rein datenbasiert. Intuition und Bauchgefühl spielt immer eine große Rolle, auch wenn sich das manche kühlen Führungskräfte nie eingestehen würden.


Arbeitsbereiche profitieren unterschiedlich


Eine andere Erkenntnis: Es profitieren nicht alle Bereiche gleichermaßen von den KI-Entwicklungen. Dabei gibt es Sparten, wo die Effekte – je nach Aufgabenstellung und Qualifikation der Mitarbeiter – heute schon gewaltig sind. Dort, wo es passt, minimiert KI den Aufwand deutlich und beschleunigt die Abarbeitung von Aufgaben.


Helfer bei Routineaufgaben


Doch wo bereits heute die Wirksamkeit von KI unübersehbar ist: Sie ersetzt Arbeitskraft besonders bei Routinetätigkeiten. Dadurch gewinnen wir mehr Zeit für Kreativität, Kommunikation, Teamarbeit – oder für zusätzliche und anspruchsvollere Aufgaben. „Fähigkeiten, bei denen Sie als Mensch einen Vorteil haben, werden bedeutender“, sagt Georg von Richthofen vom Berliner Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG). Dazu zählt er unter anderem die Problemlösungs- und Kommunikationsfähigkeit. Dieser Punkt ist gerade auch für Profis Ihres Fachs und Spezialisten wichtig. Denn kein Vorstand, Anwalt, Arzt, oder Pilot führt während seiner Tätigkeit ausschließlich knifflige Aufgaben durch. Es ist immer eine Mischung – und daher werden sich die meisten Berufsgruppen auch keine Gedanken müssen, ob sie einmal ersetzt werden.

Wohl aber fallen Standardtätigkeiten weg, was unterm Strich – vor allem auch aus Unternehmenssicht – die Effizienz erhöht und dadurch zu Einsparungen führen kann. „Jeder von uns muss jeden Tag mühselige, geisttötende Aufgaben erledigen, die wir hassen, die sehr repetitiv und Teil unserer Arbeit sind. (…) Wenn wir KI darauf trainieren, diese Aufgaben für uns zu erledigen, wird sie diese Aufgaben sehr genau ausführen, und als Ergebnis können wir von repetitiver Arbeit befreit werden“, schreibt der Deutsche Sebastian Thrun, Professor für Künstliche Intelligenz an der Stanford University und frühere Vizepräsident von Google.


KI macht Fehler – sind es nur Kinderkrankheiten?


Was jedem von uns, der Künstliche Intelligenz nutzt, auffällt – zumindest wenn es um die Verarbeitung von Daten und das Erstellen von Texten geht: Sie macht immer wieder teils haarsträubende Fehler. Sie verrechnet sich bei der Rückzahlung eines Immobilienkredits oder macht falsche inhaltliche Angaben in einem Fachbeitrag. Dabei geht es nicht um das simple Multiplizieren und Subtrahieren, sondern in diesem Fall um einen Rückzahlplan, bei dem wiederholt – auch nach dreimaliger Aufforderung – die monatlich geleistete Tilgung nicht von der Restschuldsumme abgezogen wurde. Doch was kann man tun, wenn es auch nach mehrfachen, eindeutigen Hinweisen auf den Fehler nicht funktioniert? Man macht es per Excel selbst. Das dürften Kinderkrankheiten sein, aber sie zeigen eins: Ohne Kontrolle und Begutachtung geht es nicht – die klassische Aufgabe einer Führungskraft.

Diese Fehlerkorrektur findet auch in größerem Stil statt, und zwar von realen Personen: Heerscharen von Bildschirmarbeitern weltweit sitzen zuhause am Rechner und überprüfen im Auftrag von Dienstleistern für die KI-Branche Texte auf ihre inhaltliche und sprachliche Richtigkeit – und korrigieren daraufhin. Per Hand. Künstliche Intelligenz kommt also ohne Menschliche Intelligenz und Qualitätskontrolle nicht aus. Es ist fast ein Treppenwitz.

Warum ist das nötig?  „KI spricht nicht die Wahrheit. Sie wurde nie darauf trainiert, Fakten von Fiktionen zu unterscheiden. Wenn Sie ihr einen erfundenen Satz geben, gibt sie eine erfundene Antwort“, sagt KI-Forscher Thrun. Eine kritische Begleitung und Begutachtung bei Daten und Texten ist also unabdingbar. Immerhin zeigen die Macher von ChatGPT dessen Unzulänglichkeiten auch an. Unter jedem Chat steht standardmäßig: „ChatGPT may produce inaccurate information about people, places, or facts.“


Fazit und Ausblick


Wir sind davon überzeugt: Wer bei KI nicht mitmacht, den überholt irgendwann die Zeit oder der hat massive Wettbewerbsnachteile. Gerade deshalb probieren wir es im gesamten Unternehmen regelmäßig aus – selbst wenn uns bei dem Einsatz so große Grenzen gesetzt sind. Aus diesem Grund haben wir klare Regeln aufgestellt, wenn es um Geschäftsdaten geht.

KI formuliert sehr sachlich und informativ. Rein stilistisch gesehen, ist das bei juristischen Texten oder auch Geschäftsberichten ok. Sobald man aber ein Publikum anspricht, dass durch Originalität, Kreativität, Witz, Charme, Wortspiele, Spannung und Überraschungen gefesselt werden soll, müssen Menschen ran. Für die meisten kreativen redaktionell-journalistischen Anwendungen fällt ChatGPT & Co. daher derzeit aus. Beruhigend für alle Texter – sollten Chefs und Auftraggeber dies genauso sehen. Dies gilt auch für andere Abteilungen, in denen es um Kreativität und Mensch-zu-Mensch-Kommunikation geht. Wenn die Mitarbeiter für den Job brennen und man Topleute hat, hat KI aktuell keine Chance. Erst recht nicht die Google-Anwendung Bard. Diese ist bestürzend schlecht, dass man sich fragt, wie solch ein Milliardenkonzern und IT-Vorreiter so etwas überhaupt veröffentlichen konnte?

Die Kinderkrankheiten allerdings werden verschwinden; und zwar gerade auch mit der Hilfe derjenigen, die sie erleben – wenn sie entsprechendes Feedback geben. Wir haben daher keinen Zweifel daran, dass sich die aktuelle durchwachsene Qualität bei den für uns relevanten Anwendungen mittelfristig deutlich ändern wird, sich die Tools weiterentwickeln werden und Spitzenergebnisse liefern.

Stories:

/ Oktober 2023

KI im Realitätscheck

Wie setzt die MÄHREN AG KI bereits heute ein?

Seit Anfang 2023 erlebt die Welt einen Hype: Künstliche Intelligenz (KI) verändert uns, unser Leben und unsere Arbeit. KI rechnet, kreiert Bilder, programmiert Computercodes, wertet Daten aus und schreibt Texte. Ausgefeiltere Algorithmen, höhere Rechenkapazitäten und vor allem bessere Computer-Chips haben erst jetzt die Basis dafür gelegt, riesige Datenmengen zu verarbeiten und die schöpferischen KI-Inhalte in Sekundenschnelle auszuliefern.

Doch was bringt die KI im alltäglichen Arbeitsalltag eines mittelständischen Unternehmens aktuell wirklich? Wo ist sie hilfreich, wo eventuell unbrauchbar? Ein Realitätscheck.

Der KI Hype: Die Wirtschaftswelt ist begeistert

Die Software hinter der mit Abstand populärsten generativen KI-Anwendung ChatGPT ist mit unglaublich vielen Daten „gefüttert“ worden, kann mittlerweile das Internet auslesen und die Informationen verwerten. Der letzte Daten-Input wurde jedoch schon 2021 vorgenommen, eine nicht unbedeutende Einschränkung. ChatGPT-Erfinder Sam Altman, angesichts der Euphorie um seine Plattform einer der weltweit wichtigsten Köpfe auf dem Gebiet: „Wir erleben ein exponentielles Wachstum. Dieses Tempo können wir Menschen kaum erfassen.“ Manche KI-Beratungsunternehmen gehen davon aus, dass im Jahr 2030 bereits 99 % aller Inhalte im Internet von KI erstellt werden.

Immerhin sagen 70 % der Dax-Konzerne laut Handelsblatt, dass KI ihr Geschäftsmodell verändert. Man staunt fast, dass dies 30 % (noch) verneinen. Die große Frage dabei für viele: „Wie verändert sich die Jobwelt für mich?“ Aber auch: „Wo kann uns KI unterstützen und die Arbeit massiv erleichtern?“ Was bedeutet dies also aus Sicht eines mittelständisch geprägten (Immobilien-) Unternehmens wie der MÄHREN AG? In diesem Erfahrungsbericht geht es daher um die Möglichkeiten, die sich aus dem Einsatz von KI für ein mittelgroßes Immobilienunternehmen und die entsprechenden Abteilungen ergeben. Welchen Beitrag kann KI für mehr Produktivität, Kreativität und letztlich Mehrwert und Wachstum leisten – und wo noch nicht?

KI im Einsatz bei der MÄHREN AG

Datensicherheit

Die Einhaltung von Compliance und Datensicherheit ist eine unserer grundlegenden Voraussetzungen im Geschäftsalltag. Wir achten genau darauf, welche Informationen wir in unternehmensfremde Anwendungen und Netzwerke eingeben – und verzichten daher schon seit einigen Jahren auf etliche hilfreiche Tools. Dies gilt auch für sämtliche KI-Anwendungen. Viele Konzerne, wie etwa Bosch, haben dieses Problem mit hauseigenen KIs gelöst – eine starke Lösung, um Unternehmen mit dem Handling vertraut zu machen und einen Mehrwert für Mitarbeiter zu finden. Für eine Firma unserer Größenordnung ist dies aber unrealistisch, zumindest derzeit noch. Geht es also um sensible Informationen, fällt an dieser Stelle der große Nutzen von KI aus.

KI im Realitätscheck der Unit Marketing & Communications

Das Marketing & Communications-Team beschäftigt sich seit Monaten intensiv mit KI. Wir setzen uns regelmäßig nur zu diesem Thema zusammen und verteilen KI-Test-Aufträge entlang unserer ToDo‘s: Website, Social Media, Performance Marketing, interne Kommunikation (Intranet), Markenauftritt, Erstellung von Pressemitteilungen, Broschüren, Präsentationen und Exposés, Grafiken, Fotos und Videos. In erster Linie tun wir das, um alles auszuprobieren und um herauszufinden, was die KI-Tools aktuell wirklich bieten.

KI ist ein höchst lebendiges Thema für uns und hoch relevant. Achtung Spoiler!: Allerdings sind die realen Effekte zwar vorhanden, aber bislang sehr überschaubar. Für ein professionell aufgestelltes Kommunikations- und Marketingteam, wie es so tausendfach auch in anderen Unternehmen existiert, sind die Ergebnisse in puncto Kreativität, Qualität oder Arbeitszeitersparnis bislang sehr begrenzt – sofern man für die entsprechenden Aufgaben Fachkräfte hat. Für jemanden, der dagegen über wenig Kommunikations-/ Marketing-Expertise verfügt, weil er oder sie eigentlich einen anderen Beruf ausübt, dürfte KI indes hilfreich sein, wenn etwa Texte, Marketingkonzepte, Postings oder auch Exposés von Häusern erstellt werden müssen.
Es gibt bereits unfassbar viele Tools jenseits von ChatGPT. Wir haben für unseren Bereich bis heute um die 40 ausprobiert: für Bildbearbeitung, Leadgenerierung, Erstellung von Videos, Bildern, Podcasts, Musik, Texten und Präsentationen; für Recherche, digitales Marketing und Social Media. Der größte Anteil davon (etwa 90 %) ist jedoch aktuell unbrauchbar – zumindest für unsere Zwecke. Allerdings kann und wird sich dies zukünftig ändern. Jeden Tag kommen neue Tools auf den Markt oder werden minderwertige Anwendungen durch Updates richtig gut. Man muss also permanent am Ball bleiben und hier wünscht man sich förmlich einen Spezialdienstleister, der einem auf dem neusten Stand dahingehend bringt, welche Tools man für seinen Bereich nutzen kann.

Dass es bei vielen KI-Tools noch nicht so rund läuft, bekommen wir auch als potenzieller Kunde mit: Wir erhalten beispielsweise seit einigen Monaten vermehrt Kaltakquise-E-Mails, die eindeutig einem KI-Projekt entspringen. Statt der „MÄHREN AG“ wird die „Moravia AG“ angeschrieben (englisch für den Landesteil „Mähren“ in Tschechien) und der Akquise-Text ist sehr schablonenhaft und buchstäblich wie von einer Maschine geschrieben. Das ist unpersönlich, fachlich auf unterstem Niveau und landet bei uns sofort im Papierkorb. Solche „Mailings“ sind im Grunde eine Frechheit – und wiegen die Effizienz aufseiten des Absenders überhaupt nicht auf.

Wie sieht es konkret im Bereich Marketing & Communications mit dem KI-Support aus?

Parallel zu den von uns im Team erstellten Social Media-Postings haben wir ChatGPT ins Rennen geschickt. Ergebnis: Nur Bruchteile von den Postings sind brauchbar, der mit Abstand überwiegende Teil ist unbeholfen und offen erkennbar als Maschinentext. Keinen Post-Vorschlag haben wir am Ende genutzt, einige Male haben wir eine bestimmte Formulierung als Anregung übernommen. Selbst bei KI-Tools, die „Branded Content“ anbieten, also Inhalte, die ihren Output nach mehreren entsprechenden Prompts angeblich an die Tonalität des Unternehmens anpassen, waren die Inhalte deutlich schlechter als die eigens verfassten. Ähnlich ging es uns bei Texten für allen anderen Kommunikations-Kanäle.

Obwohl wir uns eingängig mit dem „Prompten“ beschäftigt und uns hier ein erstes Expertenwissen angeeignet haben fielen die textlichen Ergebnisse recht ernüchternd aus. Nur wenig war verwendbar. Warum? Weil unsere sogenannte Corporate Tonality, wie in vielen anderen Unternehmen auch, auf einem „Mensch-zu-Mensch“-Kommunikationsstil basiert. Heißt: Immer den zeitgemäßen Ton treffen, sensibel die Emotionalität des jeweiligen Textes steuern, langjährige berufliche Erfahrungen des Teams nutzen, wie Zielgruppen angesprochen werden müssen, mit intelligentem Wortwitz, Wortspielen und aktuellen Bezügen eine Verbindung zu Lesern aufbauen und am Ende unsere Nutzer neben seriösen B2B-Content auch unterhalten.

Unser Fazit: Dazu ist die KI momentan lange nicht so gut in der Lage wie erfahrene Kommunikationsexperten und Texter.

Thema Bildbearbeitung: Nächster Spoiler!: Diese KI-Tools sind für uns momentan nicht relevant. Denn um unser Geschäftsmodell und Unternehmen darzustellen, haben wir im Wesentlichen drei Fotosegmente: Reale Gebäude aus unserem Bestand, Fotos unseres Teams mit CEO Jakob Mähren an der Spitze, dargestellt in vielen Arbeitssituationen, und Bilder, die unsere allgemeinen Unternehmensinhalte und Themen illustrieren. Also Bildinhalte, die nicht aus Fantasiewelten und / oder beliebigen Beispielfotos hergleitet werden können. Wir haben also nichts von den wirklich großartigen Anwendungen wie etwa Midjourney, die wir allesamt ausprobiert haben.

Für illustrierende Bilder nutzen wir einen Stock-Anbieter, bei dem man in nur wenigen Minuten passende Bilder für drei Euro erhält. Da macht es keinen Sinn, die KI zu bemühen, um in mehreren Prompt-Durchgängen festzustellen, dass man das momentan noch deutlich besser (weil realistischer) und schneller bekommt. Allein der Zeitaufwand für die Prompts und das Verfeinern – umgerechnet in Arbeitskosten – wären unverhältnismäßig hoch.

Und: Die KI-generierten Bilder sahen allesamt noch recht künstlich und unpersönlich aus, was nicht der Bildsprache unseres und das vieler anderer Unternehmen entspricht.

Thema Website-Coding: Wir runderneuern gerade unsere Internetseite. Hier gibt es großartige KI-Effekte. Einige der entsprechenden Codes, die hierfür geschrieben werden müssen, übernimmt zum Teil mittlerweile die KI. Unser IT-Dienstleister greift nach eigener Aussage mittlerweile regelmäßig auf die Unterstützung von KI-Tools zurück und sieht hier einen erheblichen Mehrwert.

Ein weiteres sehr hilfreiches Beispiel: die Erstellung eines Model-Release-Vertrages. ChatGPT konnte mit dem richtigen Prompt in Sekundenschnelle einen rechtssicheren Vertrag aufsetzen, den wir für die Fotos unserer Teammitglieder benötigen, wenn wir deren Konterfei veröffentlichen wollen. Hier zeigt sich auch die Stärke von ChatGPT, sehr sachlich zu sein; etwas, was juristischen Texten innewohnt.

KI im Realitätscheck in den Units Finance, Transaction & Investment und Asset Management

Gerade in den Bereichen, in denen Daten konsolidiert, analysiert und aufbereitet werden müssen, ist die KI besonders stark. Denn das ist von menschlicher Hand nur äußerst zeitaufwändig zu bewältigen und mit Fehlern verbunden. Stattdessen werden mit KI-Hilfe – je nach Anliegen und Aufgabe – große Mengen unstrukturierter und / oder strukturierter Daten aufgearbeitet: PDF-Dokumente, Verträge, Excel-Tabellen, Präsentationen oder Scans von Papierbelegen. Für alle unsere Abteilungen, die mit der Verarbeitung und Analyse von Daten und Zahlen zu tun haben – Finanzierung, Transaktion & Investment, Assetmanagement, Buchhaltung oder Corporate Development – ist das höchst relevant.

Unsere Abteilung Transaction & Investment befasst sich vorrangig mit Transaktionen, also Angebote einholen und bearbeiten, Wertschätzung von Immobilien, Vertragsverhandlungen bei Transaktionen und die Kommunikation mit Maklern und Privatbesitzern. Die KI könnte bei solchen Projekten die richtigen Kaufobjekte wie Mehrfamilienhäuser und Wohnanlagen analysieren und vorauswählen (die finale Entscheidung und das Verhandeln wird freilich auf absehbare Zeit immer ein Mensch übernehmen). Einmal aufgesetzt, würde das eine enorme Präzision und Einsparung an Zeit und Aufwand bedeuten – oder wir könnten als Unternehmen sogar noch mehr Objekte aufs Radar nehmen, die wir untersuchen. Gleichzeitig könnten wir frühere Deals begutachten lassen, auf dass die KI-Muster sieht und Erkenntnisse zieht.

Jedoch: Dazu müssten die Daten in KI-Tools eingespeist und hochgeladen werden. Da dies aber sensible Unternehmens- und Projektdaten sind, ist ein KI-Support an dieser Stelle aus den bereits erwähnten Compliance-Gründen in unserem Unternehmen nicht möglich.

Diese Restriktionen gelten auch für weitere Abteilungen wie dem Asset Management (Verwaltung und Entwicklung unseres Immobilienbestands, Kommunikation mit Hausverwaltungen, Verwaltung aller Datenräume, Wertschätzung von Immobilien) und Finanzierung (Unternehmensfinanzierungen, Projektfinanzierungen). Sie alle müssen daher auf den zeitsparenden KI-Einsatz verzichten.


Lesen Sie im 2. Teil: „Realitätscheck: KI beim Datenmanagement in der Unit Business Development sowie Fazit & Ausblick


Realitätscheck: KI beim Datenmanagement in der Unit Business Development


Geht es allerdings um allgemein zugängliche, öffentliche Daten und müssen diese „nur“ zusammengefasst und aufbereitet werden, greifen wir darauf zurück. Unsere Abteilung Business Development versendet beispielsweise mehrmals pro Woche intern ein sogenanntes Finanzmarktupdate. Das sind ein knappes Dutzend wiederkehrende und jeweils aktualisierte Finanzdaten wie Zinsen, Konjunktur, Inflation, Aktienkurse etc., die für Immobilienunternehmen relevant sind und mit dem wir laufend Up-to-date sind – sehr wichtig gerade in der heutigen Zeit der schnellen Veränderungen. Ein mühsames, zeitraubendes Unterfangen, das nun ChatGPT automatisiert übernimmt. Ist der Prompt erst einmal gut aufgesetzt, lässt er sich für diesen Zweck im laufenden Tagesgeschäft hervorragend nutzen. Ähnliche Zusammenfassungen von Daten aus den unterschiedlichsten Wirtschaftsbereichen, aus Politik und Gesellschaft werden wir zukünftig immer häufiger nutzen, um eine Daten-Grundlage für strategische Entscheidungen zu erhalten.


Unser Zwischenfazit
Wie sieht unsere vorläufige Zwischenbilanz nach einem knappen Jahr KI-Euphorie aus?

Ohne Menschen geht es nicht

Mit Stand heute – dies muss man einschränkend bei allen KI-Einschätzungen betonen – lassen sich die beruflichen Erfahrungen und die Expertise des Teams nicht ersetzen. Der Faktor Mensch ist unabdingbar für die Erfüllung von qualitativ hochwertigen Arbeitsaufgaben. Dies gilt allerdings „nur“ für versierte Mitarbeiter und Profis – bezogen auf die jeweilige Aufgabenstellung. Ein Tischler, der der KI sagt: „Bitte erstelle mir eine E-Mail-Akquise-Kampagne“ (hier verkürzt dargestellt), wird zweifelsohne bessere, deutlich schnellere ja womöglich überhaupt erst Ergebnisse erzielen, als wenn er es selbst macht.

Eine Studie der Humboldt-Universität hat laut Handelsblatt herausgefunden, dass es zwischen KI und Menschen bei Alltags- und Standardangelegenheiten keinen Unterschied mehr in puncto Kreativität gibt. Dennoch, so die Autorin Jennifer Haase: „Die originellsten Antworten kamen in dem Test immer noch von Menschen.“ Ihr Fazit: „Um Exzellenz zu finden, muss man zu Menschen gehen.“ Dies liegt an einem Grundprinzip von KI: Weil sie mit bereits vorhandenen Daten arbeitet, kann sie nur alte Inhalte neu aufsetzen und je nach Wunsch aufbereiten. Was nicht möglich ist, ist der Blick in die Zukunft, da KI auf Daten der Vergangenheit basiert.

Ein weiterer Nachteil gegenüber Menschen – und wie sollte es bei einem IT-Tool, das sich „künstlich“ nennt auch anders sein: KI zeigt keinerlei Emotion oder Empathie. Natürlich kann man mit ChatGPT eine freundliche Konversation führen. Aber höfliche Floskeln bedeuten keine emotionale oder empathische Herangehensweise an die Lösung von Aufgaben. Entscheidungen von Menschen sind hingegen nie rein datenbasiert. Intuition und Bauchgefühl spielt immer eine große Rolle, auch wenn sich das manche kühlen Führungskräfte nie eingestehen würden.


Arbeitsbereiche profitieren unterschiedlich


Eine andere Erkenntnis: Es profitieren nicht alle Bereiche gleichermaßen von den KI-Entwicklungen. Dabei gibt es Sparten, wo die Effekte – je nach Aufgabenstellung und Qualifikation der Mitarbeiter – heute schon gewaltig sind. Dort, wo es passt, minimiert KI den Aufwand deutlich und beschleunigt die Abarbeitung von Aufgaben.


Helfer bei Routineaufgaben


Doch wo bereits heute die Wirksamkeit von KI unübersehbar ist: Sie ersetzt Arbeitskraft besonders bei Routinetätigkeiten. Dadurch gewinnen wir mehr Zeit für Kreativität, Kommunikation, Teamarbeit – oder für zusätzliche und anspruchsvollere Aufgaben. „Fähigkeiten, bei denen Sie als Mensch einen Vorteil haben, werden bedeutender“, sagt Georg von Richthofen vom Berliner Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG). Dazu zählt er unter anderem die Problemlösungs- und Kommunikationsfähigkeit. Dieser Punkt ist gerade auch für Profis Ihres Fachs und Spezialisten wichtig. Denn kein Vorstand, Anwalt, Arzt, oder Pilot führt während seiner Tätigkeit ausschließlich knifflige Aufgaben durch. Es ist immer eine Mischung – und daher werden sich die meisten Berufsgruppen auch keine Gedanken müssen, ob sie einmal ersetzt werden.

Wohl aber fallen Standardtätigkeiten weg, was unterm Strich – vor allem auch aus Unternehmenssicht – die Effizienz erhöht und dadurch zu Einsparungen führen kann. „Jeder von uns muss jeden Tag mühselige, geisttötende Aufgaben erledigen, die wir hassen, die sehr repetitiv und Teil unserer Arbeit sind. (…) Wenn wir KI darauf trainieren, diese Aufgaben für uns zu erledigen, wird sie diese Aufgaben sehr genau ausführen, und als Ergebnis können wir von repetitiver Arbeit befreit werden“, schreibt der Deutsche Sebastian Thrun, Professor für Künstliche Intelligenz an der Stanford University und frühere Vizepräsident von Google.


KI macht Fehler – sind es nur Kinderkrankheiten?


Was jedem von uns, der Künstliche Intelligenz nutzt, auffällt – zumindest wenn es um die Verarbeitung von Daten und das Erstellen von Texten geht: Sie macht immer wieder teils haarsträubende Fehler. Sie verrechnet sich bei der Rückzahlung eines Immobilienkredits oder macht falsche inhaltliche Angaben in einem Fachbeitrag. Dabei geht es nicht um das simple Multiplizieren und Subtrahieren, sondern in diesem Fall um einen Rückzahlplan, bei dem wiederholt – auch nach dreimaliger Aufforderung – die monatlich geleistete Tilgung nicht von der Restschuldsumme abgezogen wurde. Doch was kann man tun, wenn es auch nach mehrfachen, eindeutigen Hinweisen auf den Fehler nicht funktioniert? Man macht es per Excel selbst. Das dürften Kinderkrankheiten sein, aber sie zeigen eins: Ohne Kontrolle und Begutachtung geht es nicht – die klassische Aufgabe einer Führungskraft.

Diese Fehlerkorrektur findet auch in größerem Stil statt, und zwar von realen Personen: Heerscharen von Bildschirmarbeitern weltweit sitzen zuhause am Rechner und überprüfen im Auftrag von Dienstleistern für die KI-Branche Texte auf ihre inhaltliche und sprachliche Richtigkeit – und korrigieren daraufhin. Per Hand. Künstliche Intelligenz kommt also ohne Menschliche Intelligenz und Qualitätskontrolle nicht aus. Es ist fast ein Treppenwitz.

Warum ist das nötig?  „KI spricht nicht die Wahrheit. Sie wurde nie darauf trainiert, Fakten von Fiktionen zu unterscheiden. Wenn Sie ihr einen erfundenen Satz geben, gibt sie eine erfundene Antwort“, sagt KI-Forscher Thrun. Eine kritische Begleitung und Begutachtung bei Daten und Texten ist also unabdingbar. Immerhin zeigen die Macher von ChatGPT dessen Unzulänglichkeiten auch an. Unter jedem Chat steht standardmäßig: „ChatGPT may produce inaccurate information about people, places, or facts.“


Fazit und Ausblick


Wir sind davon überzeugt: Wer bei KI nicht mitmacht, den überholt irgendwann die Zeit oder der hat massive Wettbewerbsnachteile. Gerade deshalb probieren wir es im gesamten Unternehmen regelmäßig aus – selbst wenn uns bei dem Einsatz so große Grenzen gesetzt sind. Aus diesem Grund haben wir klare Regeln aufgestellt, wenn es um Geschäftsdaten geht.

KI formuliert sehr sachlich und informativ. Rein stilistisch gesehen, ist das bei juristischen Texten oder auch Geschäftsberichten ok. Sobald man aber ein Publikum anspricht, dass durch Originalität, Kreativität, Witz, Charme, Wortspiele, Spannung und Überraschungen gefesselt werden soll, müssen Menschen ran. Für die meisten kreativen redaktionell-journalistischen Anwendungen fällt ChatGPT & Co. daher derzeit aus. Beruhigend für alle Texter – sollten Chefs und Auftraggeber dies genauso sehen. Dies gilt auch für andere Abteilungen, in denen es um Kreativität und Mensch-zu-Mensch-Kommunikation geht. Wenn die Mitarbeiter für den Job brennen und man Topleute hat, hat KI aktuell keine Chance. Erst recht nicht die Google-Anwendung Bard. Diese ist bestürzend schlecht, dass man sich fragt, wie solch ein Milliardenkonzern und IT-Vorreiter so etwas überhaupt veröffentlichen konnte?

Die Kinderkrankheiten allerdings werden verschwinden; und zwar gerade auch mit der Hilfe derjenigen, die sie erleben – wenn sie entsprechendes Feedback geben. Wir haben daher keinen Zweifel daran, dass sich die aktuelle durchwachsene Qualität bei den für uns relevanten Anwendungen mittelfristig deutlich ändern wird, sich die Tools weiterentwickeln werden und Spitzenergebnisse liefern.