Markt & Zahlen / 27-01-2023
Woher kommt der Wandel?
Der Wandel auf dem Markt für Wohnimmobilien greift tief. Es ist nicht nur das Gesamtvolumen der Portfolio-Transaktionen gesunken, sondern auch die Anzahl der besonders großen Deals, die einen dreistelligen Millionenbetrag (oder gar, wie der Mega-Deal von Vonovia, Milliarden) erlösen. Von den 13,1 Milliarden Euro Gesamtumsatz des Jahres 2022 entfielen nur 5,2 Milliarden Euro auf dieses Segment – der niedrigste Wert der letzten zehn Jahre. Entsprechend sind auch das Durchschnittsvolumen und der Gesamtumsatz deutlich unter die Vorjahre gefallen.
Das ist verständlich, denn die Zeiten sind unsicher. Das führt dazu, dass sich viele Akteure am Markt lieber zurückhalten. Insbesondere die Leitzinserhöhungen und die damit steigenden Finanzierungskosten lassen manche Käufer zögern. Besonders Immobilienunternehmen mit relativ wenig Eigenkapital sind in einer schlechten Lage, wie auch BNP Paribas an der Verteilung der Käufergruppen ausmacht. Hinzu kommt, dass die Unsicherheit sowohl bezüglich der Gesamtwirtschaftslage als auch in Hinblick auf mögliche weitere Leitzinssteigerungen dazu führt, dass der Wohninvestmentmarkt aktuell in einer Preisfindungsphase ist. Wer fürchtet, dass die Unterhalts- und Finanzierungskosten weiter stark steigen, ist weniger bereit, hohe Kaufpreise zu bezahlen. Zugleich wollen (potenzielle) Verkäufer ihre Immobilien nicht billig verschleudern, denn deren Wertentwicklung ist weiterhin positiv – die Nachfrage nach Mietwohnungen ist ungebrochen hoch, der Bedarf insbesondere in den Großstädten nicht gedeckt. Das mag zu Zurückhaltung auf der Angebotsseite führen.
Was bedeutet das für den Immobilienmarkt 2023?
Einzeltransaktionen machen keine so schönen Schlagzeilen wie Portfolio-Abschlüsse. Doch für unternehmerisch denkende Immobilienunternehmen bieten sie interessante Chancen. Denn anders als bei Portfolio-Ankäufen sind Einzeltransaktionen sehr gezielt. Die Kleinteiligkeit des Marktes mag den Überblick schwieriger machen, aber eine sorgfältige Recherche und Due Diligence sollte ohnehin zu jedem Kauf gehören. Das geht bei Einzelobjekten unter Umständen sogar schneller als bei Portfolios. Und wer als Bestandshalter langfristig ein wertstabiles Portfolio auf- oder ausbauen will, hat jetzt endlich wieder die Gelegenheit, gezielt hochwertige Mietshäuser anzukaufen.
Das war in den vergangenen Jahren schwieriger, denn der Markt wurde von den Großen dominiert – auf Käufer- wie auf Verkäuferseite. Auch dafür war die Vonovia-Transaktion sinnbildlich: Ein Wohnimmobilienriese schluckte einen anderen, und es sah ganz so aus, als würde sich der Markt immer weiter konsolidieren. Im vergangenen Jahr hat sich gezeigt, dass das kein Naturgesetz ist. Dieses Jahr bietet Immobilienunternehmen die Chance, sich mit anderen Stärken als reiner Größe zu profilieren. Schnelligkeit, Verbindlichkeit, Erfahrung und ein gutes Gespür für die richtige Immobilie sind jetzt gefragt. Wer die Rosinen im Kuchen als erster findet und das beste Angebot macht, kann weiterhin zukunftsfeste Investitionen tätigen. Und wer solide Objekte in guten Lagen professionell managet, wird auch 2023 auf Erfolgskurs sein. Egal, wie hoch der Gesamtumsatz ausfällt.