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Nachgedacht

Ist die Mietkostenbelastung für private Mieter prekär hoch?
Wie bei Mietthemen oft mit überzogenen Zahlen gearbeitet wird
Ist die Mietkostenbelastung für private Mieter prekär hoch?
Wie bei Mietthemen oft mit überzogenen Zahlen gearbeitet wird
Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung schlug im Juni 2021 Alarm: „49,2 % der rund 8,4 Millionen Haushalte, die in Deutschlands Großstädten zur Miete wohnen, müssen mehr als 30 % ihres Nettoeinkommens ausgeben, um ihre Miete (bruttowarm) zu bezahlen. Das entspricht mehr als 4,1 Millionen Haushalten, in denen etwa 6,5 Millionen Menschen leben.“

Und daher hieß es auch in der Überschrift der Pressemitteilung: „Fast die Hälfte der Haushalte in deutschen Großstädten tragen eine prekär hohe Belastung.“ Doch wie so oft bei politischen Debatten und besonders bei Mietthemen sollte man genauer hinschauen. Denn einmal mehr wurden die Zahlen und die Kernbotschaft für den Gesamteindruck künstlich aufgeblasen, damit sie dramatischer erscheinen. Lassen wir also etwas Luft raus.

Mietkostenbelastung

Für die Warmmiete sind Vermieter nicht verantwortlich

Erstens rechtfertigt die willkürliche Größe des oft zitierten „30 %-Maßstabs“ nicht die übertriebene Aussage, sie sei eine „prekär hohe Belastung“. Zweitens handelt es sich bei der Betrachtung nur um deutsche Großstädte, nicht also um den Gesamtmarkt. Das wird zwar korrekt benannt. Trotzdem hat man diesen Ausschnitt gewählt, um höhere Zahlen zu erzielen. Der Bundesdurchschnitt fällt nämlich weniger heftig aus – und daher kommuniziert die Hans-Böckler-Stiftung ihn in dieser Meldung auch nicht. Denn es soll ja etwas anders hängenbleiben. Der dritte und entscheidende Kniff ist aber, dass man die Bruttomiete heranzieht. Das kann und sollte man machen, wenn man die Gesamtbelastung eines Haushalts aufzeigen möchte. Doch werden diese Zahlen ja vor allem deswegen verwendet, um gegen die „bösen Vermieter“ zu schießen. Die aber haben mit den Warmkosten überhaupt nichts zu tun (außer natürlich über den Umweg einer energetischen Sanierung – eine andere politische Baustelle).

Also wäre es fairer, zumindest wenn es um die Frage „Was stellt der Vermieter in Rechnung?“ geht, sich die Nettobelastung anzuschauen. Diese ist tatsächlich gestiegen – jedoch nur von 15 % im Jahr 2011 auf knapp 17 % in 2020. Es ist der Anteil, den die Nettokaltmiete am Haushaltseinkommen hat. Vor dem Hintergrund der politischen und medialen Auseinandersetzung der vergangenen Jahre, vor allem in Berlin, reibt man sich die Augen: Eine Wohnung ist zentral für unser Leben und damit natürlich einer der größten, für die meisten sogar der größte Ausgabeposten – und dann sind es am Ende nur 17 %. Fast alle anderen Institute rechnen aber mit der Warmmiete, darunter auch das wirtschaftsnahe IW aus Köln mit 28 %.

Ironischerweise hat jedoch ausgerechnet die besagte Hans-Böckler-Stiftung in einer anderen Arbeit die „ehrlicheren Zahlen“ kommuniziert, und zwar in der Studie „Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die deutschen Wohnungsmärkte“, erstellt durch die International Real Estate Business School (IREBS) der Universität. Es war nicht das Kernanliegen der Untersuchung, daher ist diese Aussage wohl durchgerutscht. Doch sie ist realistischer, zumindest in der Debatte gegenüber der Wohnungswirtschaft. Bei den 17 % handelt es sich um die reine Mietkostenbelastung bezogen auf die Nettokaltmiete – also ohne Wohnnebenkosten. Diese nämlich liegen überwiegend nicht in der Hand des Vermieters.

Zu den Neben- und Betriebskosten gehören vor allem die Kosten für Heizung, Warm- und Kaltwasser und die Abwasserentsorgung, Grundsteuer, Müllabfuhr und Schneebeseitigung. Man muss ja fast froh sein, dass nicht noch Strom, Telefon- und Internetanschluss oder gar die Rundfunkgebühren mit hineingerechnet werden. Mieter müssen in Deutschland laut Deutschem Mieterbund im Durchschnitt 2,17 Euro/qm/Monat für Betriebskosten zahlen. Rechnet man alle denkbaren Betriebskostenarten mit den jeweiligen Einzelbeträgen zusammen, kann die sogenannte zweite Miete bis zu 2,88 Euro/qm/Monat betragen. Leider bezieht sich die letzte Auswertung auf 2018, als es einen Anstieg um 2,5 % gegeben hat. Insofern kann man die derzeitigen Mieten und deren Entwicklung nicht ins aktuelle Verhältnis zur Warmmiete setzen.

Wohlgemerkt sind dies alles Durchschnittswerte. Gerade bei den Positionen Grundsteuer, Wasser/Abwasser oder Müllbeseitigung ergeben sich enorme regionale Preisunterschiede, wie auch bei der Miethöhe. Die Hälfte der Betriebskosten machen übrigens Heizung und Warmwasser aus. Und angesichts der aktuellen Kostenexplosionen bei Energiepreisen – auch wegen der von der Politik eingeführten CO2-Steuer – zeigt sich, dass man da schlecht mit Zahlen von 2018 rechnen kann. Manche Gaslieferanten haben die Arbeitspreise nun verdreifacht. Was das für die nächste Abrechnung, aber auch für die offiziöse Mietquote bedeutet, kann sich jeder ausmalen; zumal bei einem besonders kalten Winter.

Die Krankenversicherung fällt einfach unter den Tisch

17 % vom Nettoeinkommen ist eine erstaunlich niedrige Hausnummer. Trotzdem ist selbst diese Berechnung wegen eines anderen Grundes nicht ganz in Ordnung. Warum zieht man dafür überhaupt das Netto- und nicht das Bruttoeinkommen heran? Damit die Miete einen höheren Anteil hat. Fair wäre es indes auch hier, sie mit dem Bruttoeinkommen ins Verhältnis zu setzen, denn da sind alle – später abgezogenen – Ausgaben mit drin. Ein Bruttoeinkommen ist eben das, was der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für dessen Arbeit bezahlt, bevor der Staat mit seinen horrenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen zuschlägt (den Arbeitgeberbetrag für die Sozialversicherung lassen wir einmal außen vor, er würde die prozentuale Mietkostenbelastung noch einmal minimieren). Mit welchem Recht aber lässt man große und für unser Leben genauso wichtige Ausgabeposten wie beispielsweise die Krankenversicherung – bei Spitzenverdienern der Gegenwert einer Miete – einfach unter den Tisch fallen? Damit die Mietkostenbelastung in der medialen Verbreitung umso höher ausfällt.

Mietquote

Mieten steigen stärker als das Einkommen

Dennoch stiegen die Mieten deutlicher als das verfügbare Einkommen – und mit 44 % seit 2009 auch stärker als die Inflation, die nur 16 % auf die Waage brachte, künftig aber wohl höher ausfallen wird. Im November wurden schon 5,2 % Teuerung vermeldet.

Fazit

Vor allem in den Metropolen sind viele Haushalte real hoch belastet. Allerdings fällt der deutschlandweite Durchschnittswert niedriger aus. Dies hilft zwar den Betroffenen wenig, ist aber fairer in der politischen Debatte. Zudem darf nicht vergessen werden, dass über die Jahre die Wohnungsgröße deutlich gestiegen ist – eine Entwicklung, die erst vor Kurzem zum Stehen gekommen ist.

Geht es bei der Mietquote allerdings um eine Auseinandersetzung mit den Vermietern, sollten nur jene Zahlen auf den Tisch kommen, die sie zu verantworten haben, nämlich die Nettokaltmiete. Daneben sollten andere große Ausgabeposten, wie etwa die Krankenversicherung, in der Betrachtung nicht einfach weggelassen werden, damit die Quote umso höher ausfällt. Wer also die Erschwinglichkeit von Wohnraum thematisiert, muss differenzieren – und mit den richtigen Zahlen diskutieren.



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