Markt & Zahlen / 12-04-2021
“Zunächst haben die Deutschen immer größere Wohnungen gekauft oder angemietet: Seit 1990 ist die durchschnittliche Wohnfläche pro Kopf um 34 % gestiegen. Seit 2010 stagniert diese Entwicklung jedoch bei den Mietern. Stattdessen gönnten sich Eigentümer dagegen immer mehr Fläche.”
„Singularisierung, Migration, Urbanisierung und demografischer Wandel“ machen laut IW die wichtigsten Faktoren auf der Nachfrageseite des Wohnungsmarkts aus. So ist der Anteil der Einpersonenhaushalte von bis 1990 und 2018 von 34 auf 42 % gestiegen. In drei Vierteln aller Haushalte wohnen maximal zwei Personen. „Haushalte mit drei und mehr Personen haben indes an Relevanz für den Wohnungsmarkt verloren“, schreibt das IW trocken. Auch die Migration habe sich deutlich auf den Mietwohnungsmarkt ausgewirkt. Mieter mit Migrationshintergrund haben bereits einen Anteil von 32 %. Die Alterung der Gesellschaft ist wiederum überdurchschnittlich stark bei Eigentümerhaushalten zu bemerken: 40 % von ihnen waren 2018 älter als 65 Jahre, im Jahr 2000 waren es noch 27 %. Der Anteil der unter 45-Jährigen halbierte sich im gleichen Zeitraum und liegt bei nur 15 %.

Diese stark gewandelte Bevölkerungsstruktur wirkt sich naturgemäß auf den Wohnflächenkonsum aus – allerdings höchst unterschiedlich. Innerhalb der Gesamtbevölkerung gehört man bereits ab einer Wohnfläche von mehr als 41 Quadratmetern pro Kopf zu den oberen 50 %. Ab 83 Quadratmetern pro Kopf zählt man zu den oberen 10 %. Wohnt man indes allein, so wie 21 % der Bevölkerung, leistet man sich deutlich mehr Wohnraum: Die mittlere Wohnfläche liegt hier bei 65 Quadratmetern. Betrachtet man jedoch die Wohnfläche pro Haushalt, so liegt sie im Mittel bei 100 Quadratmetern. 10 % der Bevölkerung wohnen gar in Wohnungen, die größer als 163 Quadratmeter sind. Enorme Unterschiede zeigen sich besonders zwischen selbstnutzenden Wohneigentümern und Mietern. Erstere logieren im Mittel in 125 Quadratmeter großen Wohnungen, Mieter auf 75 Quadratmetern. Pro Kopf sind es bei den Eigentümern 48 und bei den Mietern 35 Quadratmeter.
Doch nicht alle „sozio-ökonomischen Teilgruppen“ unterscheiden sich so deutlich in ihrem Wohnflächenkonsum, hat das IW ebenfalls herausgefunden. So wohnen Personen mit Hochschulabschluss zwar im Mittel in etwas größeren Wohnungen (105 Quadratmeter) als Personen mit einem Hauptschulabschluss (92 Quadratmeter). Doch bei der Wohnfläche pro Kopf sind bei beiden Gruppen kaum mehr Unterschiede auszumachen.
Dabei lädt die Studie ein zu vielen interessanten Betrachtungen, inklusive Überlagerungseffekten. Schaut man etwa auf die Einkommensgruppen, mag es zunächst verwundern, dass die mittlere Wohnfläche pro Kopf für Menschen mit einem Nettoeinkommen von weniger als 2.000 Euro mit 48 Quadratmetern größer ist als im Falle von 6.000 Euro und mehr (43 Quadratmeter). Doch dies ist nur auf die Haushaltskonstellation zurückzuführen: Haushalte mit hohen Einkommen sind häufiger Doppelverdiener- und dadurch naturgemäß gleichzeitig Mehrpersonenhaushalte. Die gesamte Wohnfläche ist daher unter den Personen mit sehr hohen Gesamteinkommen mit 140 Quadratmetern mehr als doppelt so groß als bei Geringverdienern.
Auf den Zusammenhang zwischen finanzieller Situation und Wohnungsgröße zielt auch das Fazit von IW-Autor Pekka Sagner ab: „Die seit nunmehr zehn Jahren angespannte Wohnungsmarktsituation geht nicht spurlos am Wohnflächenkonsum der Haushalte vorbei. In Phasen stark steigender Immobilienpreise ist der Wohnungsmarkt zu einem gewissen Grad in der Lage, einen Teil der Marktanspannung in sich selbst aufzufangen.“