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Markt & Zahlen

Milieuschutzgebiete: völlig verfehlte Mietsubventionierung
Die absurden Effekte der Berliner „Milieuschutzgebiete“
Milieuschutzgebiete: völlig verfehlte Mietsubventionierung
Die absurden Effekte der Berliner „Milieuschutzgebiete“
Ein gutes Einkommen und davon nur wenig Miete bezahlen? In Berlin gibt es viele widersinnige Maßnahmen, die Vermietern das Leben schwer machen. Ein Instrument sind die „Milieuschutzgebiete“, offiziell als „Soziale Erhaltungsverordnungen“ bezeichnet. Ein groteskes Konstrukt, vor allem auch, wenn man es auf den Kern zurückführt: eine bestimmte Einwohnerschaft, die aus Sicht der Politik unbedingt dort wohnen bleiben soll. Doch handelt es sich hier nicht um das proletarische „Zille sein Milljöh“. Das ist längst verschwunden – verdrängt ausgerechnet von der nun hier ansässigen urbanen Elite, die gar kein Schutzbedürfnis hat.
Milieuschutzgebiete
Schauen wir uns einmal das seit 1997 bestehende Milieuschutzgebiet „Falkplatz“ in Prenzlauer Berg an, auch bekannt als Gleimviertel zwischen Schönhauser Allee und Mauerpark: Auf 28 Hektar leben dort in 5.400 Wohnungen 9.200 Menschen. Allerdings kaum sozial schwache Gruppen wie Geringverdiener, Erwerbslose oder Migranten aus der Türkei und Nahost, sondern überwiegend deutsche und andere Gutverdiener und überdurchschnittlich viele Ausländer aus westlichen Ländern. Niemand, der vor einem bösen Vermieter und hohen Mieten geschützt werden müsste – aber auch nichts gegen kleine Mieten hat. Kurz: Man pampert Topverdiener – Spezialisten, die etwa in Berliner Startups arbeiten – und wohlhabende linksgrüne Schichten: Knapp 78% haben hier bei der jüngsten Abgeordnetenhauswahl „Dankeschön“ gesagt und Rot-Rot-Grün gewählt.

Sie alle zahlen unterm Strich eine sehr geringe Miete, die weit unter dem Pankower und Berliner Durchschnitt liegt. Dafür wohnen sie überwiegend in Gründerzeithäusern, haben den Mauerpark, 15 Kindergärten und Szenekneipen vor der Tür und sind mit der U-Bahn in knapp 15 Minuten am Alex. Damit das Bullerbü bestehen bleibt, hat die Politik Milieuschutzgebiete erfunden, die 60 Mal in Berlin den Status quo fixieren – sollen. Als ein Hebel dafür dient, Modernisierungen zu verhindern, damit die Miete nicht oder nur kaum erhöht werden kann. Dafür sorgt wiederum der Mietspiegel, der je nach Wohnlage, Größe und Beschaffenheit/Alter der Wohnung genau festlegt, was bei einer bestimmten Ausstattung als Netto-Kalt-Miete bei Mieterhöhungen und auch Neuvermietungen aufgerufen werden kann.

Milieuschutzgebiet verhindern eine freie Fortentwicklung der Ausstattung. Daher bleibt die Miete gedeckelt. Übrigens oft auch bei energetischen Maßnahmen. Man darf nur das machen, was nach Bundesgesetz Minimum ist. Man darf also nicht die energetisch bestmöglichen Fenster einbauen, sondern muss welche nehmen, die gerade so die Mindestanforderungen erfüllen. Ebenso bei der Fassade; aber nur wenn sie zu mehr als 10% beschädigt ist. Eine intakte ungedämmte Fassade darf nicht erneuert werden.

Das zu schützende Milieu: Gutverdiener und Fachkräfte aus dem westlichen Ausland

Alle paar Jahre muss dieser penibel konservierte Zustand überprüft werden, im Falle des „Falkplatzes“ zuletzt 2017. Doch wie bestellt, so geliefert – dafür sorgt ja das politische Ökosystem: Das Gutachten sah ungeachtet der Toplage, hervorragenden Infrastruktur und 82% Bestand von Gründerzeitwohnungen weiterhin die Notwendigkeit an, dass amerikanische Finanzvorstände von Startups, lettische IT-Spezialisten oder doppelverdienende Beamtenpaare „geschützt“ werden. Damals übrigens mit einer durchschnittlichen Miete von 6,50 Euro pro Quadratmeter, „weit unterhalb der durchschnittlichen Neuvermietungspreise der letzten Jahre“, wie selbst der Report feststellt.

Dabei betrug das mittlere Haushalts-Nettoeinkommen hier zum Erhebungszeitraum 2.500 Euro, während es in Pankow 1.875 und in ganz Berlin nur 1.775 Euro waren. Auch das Prokopfeinkommen lag mit damals 1.800 Euro deutlich über dem Vergleichswert für Berlin von nur 1.418 Euro. Als armutsgefährdet galten hier nur 8% gegenüber 14% in Berlin. So ist es auch kein Wunder, dass sich die Mietbelastungsquote – also der Anteil der Miete am Einkommen – nur auf gut 18% belief, während es anderswo in Pankow 27% waren. Angesichts gestiegener Einkommen war die Mietkostenbelastung sogar zurückgegangen – obwohl im Schnitt mehr Wohnfläche belegt wurde.

Das Gebiet um den Falkplatz ist nur ein Beispiel von vielen. Milieuschutzgebiet ist inzwischen fast die gesamte Innenstadt und weite Bereiche des klischeehaften Prenzlauer Bergs. Doch in Wahrheit findet der Bevölkerungsaustausch genau dadurch statt, dass in diesem Konstrukt kein vernünftiger Vermieter an die aufgehetzten Berliner zu den senatsseitig manipulierten Mietspiegelmieten vermieten möchte. Zudem kommt es zu einem krassen Locked-In-Effekt, da die Marktmieten so viel höher als die Mietspiegelmieten sind. In einem mir bekannten „Beispielhaus“ im Gebiet um den Falkplatz – ein Altbau bis 1918 mit knapp 20 Wohnungen – gibt es 1-Personen- und 4-Personen-Haushalte in jeweils schnittgleichen 75 Quadratmeter 2-Zimmer-Wohnungen. Die Mieten liegen bei sagenhaften 3,50 Euro bis 13 Euro, im Durchschnitt 6 Euro, also noch unter den 6,50 Euro für die ganze Gegend.

Ein Umzug ist da völlig unattraktiv. Denn alle haben sich an die aktuell künstlich reduzierten Mieten gewöhnt und wollen weder auf die Fläche noch auf die niedrige Mietquote verzichten. Gesellschaftlich eine enorme Fehlsteuerung. Vier Mieter wohnen auf 75 Quadratmeter allein und können die Wohnung auch monatelang leer stehen lassen – obwohl sie kein geregeltes Einkommen haben oder von Sozialtransfers leben. Dafür haben sie dann Wochenendgrundstücke. Eine andere Kiezbewohnerin baut bald ein Haus im Umland – und behält dann ihre billige 2-Zimmer-Mietwohnung in der Stadt. Im Rest der Welt undenkbar.

Berliner Milieuschutzgebiet

Wesen von Milieuschutzgebieten: Modernisierungen verhindern

Die Einstufung als Milieuschutzgebiet „zielt darauf ab, die Bevölkerungszusammensetzung in einem bestimmten Gebiet zu schützen, indem bestimmte Vorhaben unter Genehmigungsvorbehalt gestellt werden.“ Das verhindert umfassende, wohnwerterhöhende Modernisierungen – zumindest muss man sie beantragen, was oft abgelehnt wird. So sollen „mietwirksame Veränderungen und Maßnahmen, die zu einer Verdrängung der Bewohnerschaft und damit zu Veränderungen der Bevölkerungszusammensetzung führen, eingeschränkt werden.“ Eine Erlaubnis für Badmodernisierungen, Kücheneinbau, Ausbau von Dachgeschossen oder den Einbau von Fahrstühlen würde nämlich „Aufwertungsdruck“ bedeuten, also auf gut Deutsch: bessere Lebensverhältnisse – und damit in der Logik der Verfechter dieses Konstrukts „verdrängungsgefährdend“.

Die dadurch mit amtlichen Segen ausbleibenden Verbesserungsmaßnahmen werden in einem zweiten Schritt vom Mietspiegel als „mietmindernd“ kategorisiert. Eine zentrale Stellschraube ist hier die „Wohnlage“, von denen es in Berlin nur drei verschiedene gibt: Der „Falkplatz“ gehört zur „Mittleren“, was zusätzlich mietmindernd wirkt. Ein Szenebezirk in Prenzlauer Berg in derselben Kategorie wie Reinickendorf und Marzahn. Pure Willkür!

Wie aber kommt es zur Beibehaltung des Milieuschutzes? Nun, in einem zurechtgeschusterten Raster werden drei Entscheidungskriterien kalkuliert:

  • Aufwertungspotenzial, „das mittels struktureller Veränderungen der Wohnungen zu Mietpreissteigerungen führen kann“,
  • Aufwertungsdruck, „es also Anzeichen dafür gibt, dass der Aufwertungsspielraum bereits und/oder in naher Zukunft genutzt wird“ und die
  • Verdrängungsgefahr – „wenn die Bewohnerschaft tendenziell anfällig für bauliche Aufwertungsprozesse und daraus resultierende Mieterhöhungen wäre“.

 

Da am Falkplatz die Miete besonders günstig ist, besteht ein Aufwertungspotenzial. Verkehrte Welt: Eine hohe Realmiete wäre demnach ein Argument gegen die Fortsetzung als Milieuschutzgebiet. Und nach diesem kafkaesken Schema werden viele Aspekte beurteilt. So urteilt die Studie, dass es sich um ein lagegünstiges, gut erschlossenes Wohngebiet handele mit viel szenetypischer Gastronomie, was wiederum auf besondere Attraktivität des Gebiets hindeute. Das ist aber schlecht, weil „Aufwertungsdruck“. Einzig bei der Verdrängungsgefährdung wird bei sechs von zwölf Punkten die Erhaltung als Milieuschutzgebiet verneint – da die auskömmliche soziale Situation nicht zu leugnen ist.

Im Fazit – mit einer formalen Empfehlung, das Milieuschutzgebiet beizubehalten – müssen denn auch einige argumentative Pirouetten gedreht werden: Einerseits wird das Gebiet als attraktiv in puncto Bausubstanz und Gastronomie beschrieben, was naturgemäß Menschen anzieht, aber auch hält. Gleichzeitig wird mittels des zurechtgeschusterten Berechnungssystems Aufwertungsdruck und Aufwertungspotenziale ins Feld geführt – als ob eine Verbesserung der Lebensverhältnisse etwas Schlimmes wäre.

Der Schutz vor Verdrängung funktioniert bei der deutschen Klientel von Rotrotgrün hervorragend – denn die Monatsrate ist erfreulich niedrig. Die globale Klasse der heiß begehrten Fachkräfte mit 100.000 Euro-Jahreseinkommen wird sich davon nicht beeindrucken lassen. Natürlich genießen auch sie die im internationalen Maßstab absurd günstigen Mieten, die sie anfangs womöglich für den wöchentlichen Mietzins gehalten haben. Doch wenn ein Headhunter aus Stockholm, Dubai oder Tel Avi anruft, sind sie weg. Verdrängt nicht durch pseudowissenschaftliche Merkmale wie „Aufwertungsdruck“ und „Aufwertungspotenziale“, sondern durch attraktive Steuergesetze in den Emiraten und funktionierende Behörden.



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